Familie Schröder

Peter Schürmann & Schröder gehörte neben Adolph Bauendahl und Johann Wülfing & Sohn zu den angesehensten Textilfirmen unserer Region. Das Unternehmen existierte bis zum Jahre 1991 in Radevormwald-Vogelsmühle an der Wupper.

Auf seiner Internetseite www.wupperindustrie.de, genauer PSS_in_Lennep_Geschichte (wupperindustrie.de) wird ausführlich und unterhaltsam zu lesen die Geschichte der Firma Peter Schürmann & Schröder, deren (Mit-)Inhaber hier beigesetzt sind, erzählt.

An dieser Stelle wird für weniger Detailinteressierte etwas abgekürzt:

Die Geschichte beginnt zunächst mit der Familie Schürmann: Der erste hier nachgewiesene Schürmann hieß mit Vornamen Tönes, Anton wie man heute sagt. Er kam 1578 zur Welt. Seine Beerdigung fand im Oktober 1669 in Lennep statt. Ein Kirchenbuch bezeichnet Tönes Schürmann als ehrlichen Bürger, der das hohe Alter von 91 Jahren erreichte. Sein Sohn, Jörgen oder Georg mit Namen, wurde 1615 geboren. Die Familie zog nach (Wuppertal)-Kronenberg und wurde Tuchmacher, wie aus Kronenberger Protokollbüchern hervorgeht. 1678 starb der 78 Jahre alte Georg Schürmann in Lennep. Sein Sohn Peter übernahm das Geschäft. Leider erbte Peter von seinen Vorfahren nicht deren Langlebigkeit – er starb schon mit 60 Jahren im Jahre 1711.

Tuchmacher – was waren das für Leute? Sie machten jedenfalls keine Tuche, sondern organisierten lediglich die Herkunft der Rohstoffe sowie die Herstellung und den Verkauf der fertigen Tuche. Die ganze Verarbeitung geschah von Hand und in Heimarbeit. Fabriken gab es noch keine und über den gesamten Prozess wachten die Zünfte. Die Zünfte schrieben den Webern, Färbern oder Tuchscheerern vor, wie sie zu arbeiten hatten, mit welchen Werkzeugen und wieviel zu welchen Preisen hergestellt werden durfte. Lenneper Tuche besaßen um diese Zeit einen schlechten Ruf. Nur grobe Stoffe aus minderwertiger Wolle verließen die Stadt. Aber es tat sich etwas. Im Jahre 1695 schlossen sich führende Lenneper Tuchmacher zusammen und setzten die Verwendung hochwertiger spanischer Merino-Wolle durch, aus der man feinere Tuche herstellen konnte.

Der Name „Peter“ Schürmann wurde in der Familie Schürmann zur Tradition. Es folgte Peter(II) von 1680 bis 1749. Als schon etwas größerer Fabrikant besaß er ein Rauhaus am Weiherhofsfeld und eine Färberei in der Kölner Straße 32 am Eingang des Kraspütts. Der 1740 geborene Peter(III) verdiente zwar hauptberuflich als Tuchmacher sein Geld, leitete aber als Bürgermeister ehrenamtlich die Geschicke seiner Vaterstadt Lennep und brachte sie durch die Franzosenzeit. Ein sehr gefährlicher Job. Die Franzosen legten der Stadt Lennep eine hohe Kontribution (Kriegsgeld) auf, welche die Stadt nicht bezahlen konnte. Der Kommandeur des französischen Kommandos – Marschall Michel Ney – nahm daraufhin den Bürgermeister und zwei weitere angesehene Bürger als Geisel. Erst als Franzosen die Stadt längst verlassen hatten, brachten die Lenneper doch noch das Geld auf und lösten die Geiseln aus.

Nun kommen die Schröders „ins Spiel“: Es war Weihnachten 1793, als Peter Schürmann(III) den gerade mal 23jährigen Anton Schröder als Commis (Handelsgehilfen) in sein Lenneper Haus aufnahm. Kennengelernt hatte Schürmann den jungen Mann bei einem Kunden auf einer Dienstreise in Fürstenau. Schröder stammte aus Gehrde bei Osnabrück. Als Reisender erhielt er nur ein lächerliches Gehalt, durfte aber im Haus seines Chefs kostenlos wohnen. Er machte gute Geschäfte, indem er fremde Tuche auf Messen einkaufte und mit Gewinn wieder veräußerte. Auf diesen Messen konnte Schröder sein geringes Einkommen mit dem Verkauf von Schwarzpulver für eine andere Lenneper Firma aufbessern. Anton Schröder lebte sich gut in der Familie seines Chefs ein und heiratete schließlich 1810 sogar Anna Maria, die Tochter des Firmenpatriarchen. Nun als Associe (Teilhaber) leitete er die Geschicke der Firma in dieser schwierigen (Franzosen)zeit mit. Zum Zeitpunkt der Hochzeit lebte noch ein weiterer Peter Schürmann, der als Sohn einmal in die väterlichen Fußstapfen treten und das Tuchgeschäft übernehmen sollte. 1808 starb Peter Schürmann(III) und Anton Schröder leitete die Geschicke der Firma alleine. Peter(IV) musste mit 25 Jahren noch ein bisschen „auf die Weide“, so dass sich Anton Schröder zuerst keine Unterstützung erhoffen konnte. Dafür erhielt er ¼ des Gewinnes der Firma und die Erben Schürmann den Rest. Kurze Zeit später wird Peter(IV) als gestandener Mann seine Ausbildung beendet haben. Seit dem 1. Januar 1810 heißt die Tuchfirma „Peter Schürmann & Schröder“.

Anfang des 19. Jahrhunderts herrschten die Franzosen mit ihrem Kaiser Napoleon Bonaparte im Bergischen Land. Einmal war es die Kontinentalsperre, womit Napoleon eigentlich England treffen wollte, zu Zweiten beabsichtigte der Kaiser die eigene, französische Wirtschaft zu stärken. Bis zu 275 % betrug der Zoll, der auf den Produkten (in diesem Fall Tuche) lag, die auf die linke Rheinseite oder in andere unter französischer Herrschaft stehende Gebieten gingen. Diese Maßnahmen gaben der Bergischen Wirtschaft den Todesstoß.

Da eine Änderung der Verhältnisse nicht zu erwarten war, entschloss sich Anton Schröder, auf französisches Gebiet überzusiedeln und zog im Jahre 1811 mit seiner Familie nach Eupen. Er fabrizierte dort unter der Firma Peter Schürmann & Schröder ca. ¾ ihrer Produktion, während der Schwager Schürmann in Lennep ¼ herstellte. Die Übersiedlung der Firma wurde dadurch erleichtert, dass noch alles Handbetrieb war und man in Eupen geschulte Arbeiter wie Tuchmacher, Lohnweber, Lohnspinner, Lohnfärber, Walker und Tuchbereiter vorfand, jedoch nahm man auch einzelne Arbeiter von Lennep mit, namentlich Wollsortierer und Tuchscheerer. Trotz der unruhigen Zeiten machte man in Eupen sehr gute Geschäfte; feierte aber doch mit großer Begeisterung und noch größerer Erleichterung die Siegesnachricht der (Völker)Schlacht bei Leipzig. Mit Anton Schröder zugleich waren auch andere Firmen, u.a. Johann Wülfing & Sohn und Adolph Bauendahl, nach Eupen übergesiedelt. Alle kehrten 1814 in ihre Heimat zurück.

1818 wurde der Stammhalter Anton Hermann Schröder geboren.

Die Fabrikanten hatten in Eupen moderne Produktionsmethoden kennengelernt. Der Umstieg auf maschinelle Produktionsverfahren machte den Umzug der Fertigungsstätten an die Wupper notwendig. Das Flusswasser ließ sich nicht nur für alle möglichen Textilzwecke verwenden, sondern es bedeutete vor allem Antriebskraft für die Maschinen. Peter Schürmann & Schröder erwarb in Vogelsmühle eine Wasserkraftanlage. Die sogenannten Hensenhämmer hatten die Franzosenzeit nicht überstanden, so dass Peter Schürmann & Schröder zuerst in den alten Gebäuden produzieren und dann nach und nach neue Fabrikbauten errichten konnte.

Seit 1834 lief dort eine Dampfmaschine und 1842 wurden die ersten mechanischen Webstühle aufgestellt.

Der ganze Fabrikbetrieb spielte sich nun dort unten ab. Vielleicht wurden in dem Lenneper Werk die Tuche noch auf Fehler kontrolliert und nachgebessert. Bis 1910 blieben auch Verwaltungsbüro, Lager und Versand in der Poststraße. Mitte des vorletzten Jahrhunderts belieferte die Tuchfirma Kunden in Italien, Frankreich und den Niederlanden. Bereits ab 1834 begann das Nordamerikageschäft und in den 1850er Jahren knüpften die Verkäufer der Firma die ersten Kontakte mit Kunden bzw. Lieferanten in Südamerika. Um diese Zeit hielten die Vettern Peter Schürmann (V) und Anton Hermann Schröder das Zepter der Betriebsleitung in der Hand. Beide leiteten zusätzlich in den Jahren 1856 – 1882 nacheinander als Präsidenten die Industrie- und Handelskammer. Das Tuchgeschäft unterlag einem immerwährenden Auf und Ab. Nur 24 von über 40 Lenneper Tuchfabrikanten bzw. -händlern überlebte das Ende des 1860erJahrzehnts. Neben den Modenströmungen traten Schwierigkeiten mit dem Amerikageschäft auf. Zudem erhöhten viele Länder in Europa ihre Einfuhrzölle. Das Geschäft ging so schlecht, dass die Familie Schürmann „das Handtuch warf“. Peter Schürmann (V) starb bereits 1873, sein Sohn Wilhelm war unheilbar krank und dessen Bruder Peter (VI) zog nach Bonn. Übrig blieb nur noch die Familie Schröder, welche die Erben Schürmann auszahlen musste. Es gelang, die Textilfirma aufrecht zu erhalten. Der alte Name blieb und als neue Chefs folgten Hermann sen., Hermann jun. und Emil Schröder . Man modernisierte den veralteten Maschinenpark und passte sich an den neuen Markt an. Die Firma nahm das „Ordergeschäft“ auf. Das heißt, dass sich der Kunde anhand von Musterkollektionen die Ware aussucht und danach auf Bestellung produziert wurde. Das vorletzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts war das beste in der 80-jährigen Laufbahn der Firma. 1901 trat Hermann Schröder aus der Firma aus und machte dem neuen Teilhaber Walther Hasenclever Platz, der die Tochter von Julius Schröder geheiratet hatte. 

1908 wurde das Lager und auch das Kontor von Lennep nach Vogelsmühle verlegt. Und die Lenneper Fabrik? Hermann Schröder berichtet, dass 1919 Walter Hasenclever das Fabrikgebäude in Lennep am Bismarkplatz abbrechen ließ. Die Firma Peter Schürmann & Schröder existierte in Vogelsmühle an der Wupper aber weiter. Sie produzierte dort bis 1991 Tuche in höchster Qualität.

Heute ist auf dem Gelände in Vogelsmühle der Wuppermarkt angesiedelt.

Blick auf das ehemalige Werk in Vogelsmühle, eine Postkarte aus dem Tuchmuseum Lennep

Quellen: Peter Dominick: www.wupperindustrie.de